Quirrenbach-Steinbruch, Steinhauer am Steenkühler-Brunnen in Lindlar, alter Steinbruch am Steinhauerpfad
Steine in Köln? Da denken viele von uns an den guten alten Drachenfels, der ja schon von den Römern als Steinbruch genutzt wurde. Günstig am Rhein gelegen konnten die Trachytblöcke bequem in das oppidum ubiorum bzw. in die Colonia Claudia Ara Agrippinensium geliefert werden. Später war dieser Stein die erste Wahl beim Bau des heutigen Kölner Doms. Bei Tuff und Basalt kommen uns der Westerwald und die Eifel in den Sinn. Auch das waren, wie das Siebengebirge, vor Millionen Jahren wildbewegte Gegenden in denen sich vulkanische Ausbrüche in verschiedenen Perioden abspielten. Aber Grauwacke? Kommt in Köln häufiger vor als gedacht, wird aber meist mit den Füssen getreten. Aber dazu später mehr.
Der Begriff
Vielleicht kennen Sie ja die Stelle aus der Geschichte von den "Sieben Geißlein", wo es heißt:
"Was rumpelt und pumpelt
In meinem Bauch herum?
Ich meinte, es wären sechs Geißlein,
Doch sind's lauter Wackerstein."
Nun ist "Wacke" ein veralteter Name für diese Wackersteine, kann also sein, dass ihn Bergleute im Harz im 18 Jahrhundert von dort abgeleitet haben. Die Wacke ist übrigens nicht immer grau, sie kommt auch in grünlich-grauer bis in braun-grauer Einfärbung vor. Und fachlich stimmt die Bezeichnung "Grauwacke" nicht ganz, aber als Handelbezeichnung taugt der Begriff allemal.
Die Entstehung
Im Gegensatz zu Trachyt & Co. ist Grauwacke nicht durch vulkanische Aktivität, sondern durch Sedimentation entstanden: in ein flaches Lagunenmeer wurde von urzeitlichen Strömen sandiger und tonhaltiger Abtragungsschutt gespült. Dieser verfestigte sich im Laufe von Jahrmillionen zu Sand- und Tonsteinen, wie sie heute z.B. im Raum Lindlar zu finden sind.
Jetzt dürfen Sie sich aber nicht vorstellen, dass vor 390 Millionen Jahren (für Fachleute: im Devon) das Meer munter im heutigen Bergischen Land plätscherte. Die Scholle, auf der wir heute unterwegs sind, lag damals südlich vom Äquator und gehörte zu einem Urkontinent namens Gondwana. Mit einer Geschwindigkeit von 1-2 cm pro Jahr driftete ein Teil davon nach Norden und bildet heute Europa und Skandinavien. Vom Vierungsturm des Kölner Doms bis zum Äquator beträgt die Entfernung amtlich vermessene 5.645 km und 600 Meter (nur damit sie mal eine grobe Vorstellung bekommen, welchen weiten Weg unser Fleckchen Erde schon hinter sich hat...).
Bauplan einer Seelilie
(entnommen "Lindlar zur Zeit der Entstehung seiner Gesteine" Bernd Schiffarth/November 2003)
Zur Zeit der Entstehung der Grauwacke gab es durchaus schon Leben auf der Erde. Als Fossilien werden häufig runde Stielglieder von Seelilien der Gattung Crinoidea gefunden, bei denen es sich, anders als der Name vermuten lässt, um am Boden festgewachsene Bewohner des Lindlarer Devomeeres handelt. Weil in einem Steinbruch bei Lindlar vor einigen Jahren ein versteinerter Baum gefunden wurde rühmt man sich dort, den "ältesten Wald der Welt" vorweisen zu können.
Die runden Einschlüsse sind Stielglieder einer Seelilie. Wenn sie durch Stürme losgerissen wurden verschwanden die organischen Teile, nur das Kalkskelett blieb übrig.
Besonders schöne Exemplare finden sich in Köln am Rudolfplatz und im Pflaster vor St. Gereon.
Die Steinbrüche bei Lindlar
links und Mitte: der BGS-Steinbruch, rechts der Quirrenbach-Steinbruch
Für den Eigenbedarf wurde die Grauwacke seit vielen Jahrhunderten abgebaut, mit der Industrialisierung und der Verlegung des Transportweges auf die Schiene erfuhr sie jedoch einen enormen Aufschwung. Um 1913 produzierten mehr als 1.000 Beschäftigte in über 100 Steinbrüchen um die 1 Mio Tonnen des gefragten Steins. Heute sind davon noch dreizehn übrig, davon drei in Lindlar. Ihre Auslastung ist durch langfristige Genehmigungen auf Jahrzehnte gesichert.
Verwendung
Die Römer verwendeten den Stein zum Bau ihrer Stadtmauer: innen und außen wurde eine Art Verschalung aus Grauwacke gemauert, in den Zwischenraum gossen sie ihr opus caementitium, den extrem halt- und belastbaren Flüssigbeton. Am Kölner Dom hingegen verzichteten die Erbauer auf die Grauwacke aus dem Bergischen; sie war mit den damaligen Mitteln schwer zu bearbeiten und ließen sich nicht zu glattflächigen Quadern verarbeiten.
links: Fundament der römischen Stadtmauer in der Domtiefgarage
Wie eingangs schon erwähnt wird die Grauwacke in Köln von uns mit Füssen getreten. Das ist nicht böse gemeint, sondern liegt an ihrer Verwendung als Straßenpflaster. So sind am Altermarkt rund um den Jan-von-Werth-Brunnen 1.500 m² verlegt. Im "Gestaltungshandbuch der Stadt Köln" ist sie für viele Bereiche wie Rad- und Gehwege oder rund um die romanischen Kirchen vorgeschrieben. Dort entspricht die Verwendung der ortstypischen Grauwacke einem "gehobenen" Standard.
Als Schotter oder Pflasterstein wird sie also traditionell im Schienen- und Straßenbau eingesetzt; aufgrund ihrer interessanten Optik ist sie aber auch für den Garten- und Landschaftsbau und für Innenarchitekten interessant, zumal sie sich in vielfältiger Weise bearbeiten lässt. Durch Fräsen, Flämmen, Polieren und Bürsten lassen sich trendige Effekte erzielen. So können Sie, wenn Sie möchten, eine Arbeitsplatte oder ihren Spültisch aus Grauwacke fertigen lassen, wobei Sie den Rohling vor Ort aussuchen können.
Alles Grauwacke: Relief mit dem Bild der "Arche Noah" auf einer Stele vor St. Severin in Lindlar, die Kirche selbst, Kletterwand auf dem Gelände der Fa. BGS-Vitar
Wenn Sie mehr über Grauwacke erfahren wollen empfehle ich Ihnen den "Steinhauerpfad", der mitten in Lindlar am Steenkühlerbrunnen beginnt (Parkplatz direkt daneben)
beginnt (Thema: Leben, Leiden und Denkmal der Steinhauer, Länge: 6,2 km,
Dauer: ca. 1,5 - 2 Stunden).
Führungen können unter www.wirbergischen.de gebucht werden.
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