"Die Welt isst eine Scheibe - Die neapolitanische Pizzakunst wurde zum UNESCO-Kulturerbe ernannt" - so war es im Dezember 2017 im Kölner Stadtanzeiger zu lesen. Als besonders gutes Beispiel eines in der alten neapolitanischen Tradition stehenden Lokals wurde in diesem Artikel die "Antica Pizzeria da Michele" in der Via Cesare Sersale genannt. Die Pizza Margherita, nach Ansicht der Einheimischen die einzig wahre, hatte ich im letzten Jahr quasi erst hier richtig schätzen gelernt. Was lag also näher als die Angaben meiner Heimatzeitung einmal vor Ort zu überprüfen?
Stellen Sie sich einmal vor der "Lommerzheim" ist voll und Sie müssten ein Nümmerchen wie im Rathaus ziehen, um dann aufgerufen und eingelassen zu werden. Gibt´s nicht? Gibt´s doch, und zwar in der "Antica Pizzeria da Michele". Das gehört, wie ich gelernt habe, zum Kult um dieses Lokal dazu. Das Foto links zeigt den Andrang gegen 16:00 Uhr. Also habe ich mir brav ein Zettelchen bei einem Herrn am Eingang abgeholt und die Nummer 31 gezogen. Mein Italienisch reichte aus um zu verstehen, dass gerade die Nummer "zero sette", also 7, dran war, und ich richtete mich auf eine längere Wartezeit ein. Gott sei Dank hat mich Nummer 16 (drei Herrschaften aus Italien und Spanien), mit denen ich vor dem Lokal kurz im Gespräch war, reingeschmuggelt und das Ganze erheblich abgekürzt.
Wie zu erwarten war drinnen alles voll, die weiß gekachelten Wände wirkten alles andere als gemütlich. Da fragt sich der unvoreingenommene Besucher, wie es kommen konnte, dass hier schon Julia Roberts und der in Neapel immer noch allgegenwärtige Diego Maradonna als Gäste begrüßt werden konnten. Es muss also am Essen liegen, das Angebot ist jedoch auf das Minimum reduziert: Lediglich die Pizza Margherita und die Pizza Marinara, die als Ur-Sorten dieses Gerichtes angesehen werden, stehen hier auf der Karte (die Auswahl wird lediglich durch verschiedene Größen und doppelt Mozzarella bei der Margherita erweitert).
Jetzt haben solche Hotspots bisweilen schon einmal die unangenehme Eigenschaft, teuer zu sein. Aber schauen Sie mal auf die Preisliste rechts: Selbst die größte Marinara schlägt nur mit € 5,--zu Buche ! Vermutlich macht es hier die Menge (bis zu 800 Pizzen gehen hier pro Tag über die Ladentheke) und der spartanische Service (Gläser gibt´s nicht, getrunken wird aus der Flasche), dass sich der Aufwand rechnet.
So sieht es aus, das Meisterstück in der Ausführung Pizza Margherita: Außen fluffig mit leichten, durchaus erwünschten Röstaromen, innen saftig und größer als der Teller, auf dem es serviert wird. Beste Zutaten garantieren höchsten Genuß, verarbeitet werden italienisches Weichweizenmehl, San-Marzano-Tomaten, Fiordilatte-Mozzarella sowie Meersalz, Oregano, Basilikum und Knoblauch.
Genau so wichtig wie die Zutaten ist natürlich der Ofen. In der "Antica Pizzeria da Michele" wird er vorzugsweise mit Kastanienholz befeuert. Außerdem wird eine Temperatur erreicht, an der jeder Elektroofen scheitert. Alles in allem bekommt eine Pizza nur so das richtige Aroma und die richtige Konsistenz.
Fleißige Handwerker: Die "pizzaiuoli" beim "Einschießen" der Pizzen in den Ofen. Ihre Handwerkskunst ist es, die in den Rang eines immateriellen Kulturguts aufgenommen wurde. Etwa zehn Jahre Erfahrung braucht es, um als guter Vertreter dieses Berufsstandes zu gelten.