Melaten op französisch

Den schönsten, wenn auch nicht größten Friedhof haben die Kölner den Franzosen, namentlich Napoleon zu verdanken. Der hat nämlich 1804 ein Dekret erlassen, wonach innerhalb Frankreichs nicht mehr in Dörfern und Städten beerdigt werden darf. Und weil Köln ab 1794 zur "Grande Nation" gehörte galt diese Verordnung auch hier. Angeblich stammt sogar der Name "Melaten" vom französischen "malade" ab. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Ursprung (auch des französischen Wortes) auf den lateinischen Ausdruck "male habitus" = schlechter Zustand zurückzuführen ist. Auf die Leprakranken, die im 12. Jahrhundert dort lebten, wo heute der Melatenfriedhof angelegt ist, traf dieser Begriff wahrlich zu. 

In Paris wurde bereits 1804 ein Friedhof gemäß napoleonischer Vorgabe angelegt, der auf dem Pflichtprogramm jedes Touristen steht: der Friedhof Père Lachaise. Er diente Ferdinand Franz Wallraf als Vorlage für den Melatenfriedhof, der sechs Jahre später eröffnet wurde.

 


Beide Friedhöfe sind mit etwas mehr als 40 Hektar Fläche etwa gleich groß, jedoch von sehr unterschiedlichem Charakter. Das französische Vorbild entspricht eher einer Hanglage, die teilweise mit Treppen überwunden werden muss. Unebene Kopfsteinpflasterstrassen machen "Barrierefreiheit" hier zu einem Fremdwort. Die Grabstätten wirken wie kleine Gebäude, die unglaublich dicht zusammenstehen. Das führt dazu, dass auf dem Friedhof Père Lachaise bei gleicher Größe etwa 20.000 Menschen mehr bestattet sind als auf Melaten. Das Kölner Pendant ist dagegen eine grüne Oase mit reichlich Freiflächen mit vergleichsweise kleinen Grabstätten. Die Wege sind gut begeh- und befahrbar, seit kurzem ist auch der Gebrauch von Fahrrädern erlaubt..


Für Kölner Verhältnisse verfügt der Melatenfriedhof über einen relativ hohen Promifaktor, im Vergleich zu dem Friedhof Père Lachaise hingegen kann er jedoch nicht ganz mithalten.


Eines der bekanntesten und das am meisten besuchte Grab ist das von James "Jimmy" Douglas Morrison, dem Sänger und Frontmann der Band "The Doors". Mittlerweile ist es eingezäunt, vermutlich, weil hier manches Fläschchen und manches Tütchen unter den versammelten Fans die Runde gemacht hat. Der Stein trägt eine griechische Inschrift, die soviel wie "gemäß seinem Schicksal" bedeutet.


George Bizet, berühmt geworden durch "Carmen", einem Klassiker auf den Spielplänen aller Opernhäuser weltweit. Selbst wer mit der Materie nicht vertraut ist kennt Melodien wie das "Torerolied" und "Habanera".

 

Ursprünglich war auf der Stele eine Büste des Komponisten angebracht. Diese wurde jedoch 2006 gestohlen und bis heute nicht mehr ersetzt.


Unweit von George Bizet ist mit Honorè de Balzac  einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller bestattet. Sein Hauptwerk ist die "Comedie Humaine", die ursprünglich einmal auf 137 Romane und Erzählungen angelegt war. Letztlich wurden 97 vollendet.


Eugène Delacroix war ein französischer Maler. Durch die Wahl seiner Farben gilt er als Vorreiter des Impressionismus. Eines seiner bekanntesten Werke und in jedem Geschichtsbuch zu finden ist "Die Freiheit führt das Volk", welches die Ereignisse rund um die Juli-Revolution 1830 darstellt. Das Bild ist heute im Louvre ausgestellt.


Eine der bedeutendsten Interpretinnen der "Carmen" und überhaupt eine der besten Opernsängerinnen aller Zeiten war Maria Callas. Sie wird als unerreichte "Primadonna assoluta" des 20. Jahrhunderts angesehen. Einige der besten Opernaufnahmen, z.B. von "Tosca" werden ihr zugeschrieben. Rund um das "Crèmatorium" sind in einer zweistöckigen Anlage zahlreiche Urnen bestattet; diese setzt sich unterirdisch im "Columbarium" fort. Im ersten Untergeschoß dieses Teils befindet sich unter der Nummer "16258" das Urnengrab von Maria Callas.


Edith Piaf ist ein weiterer Weltstar, der auf Père Lachaise bestattet ist. Der "Spatz von Paris" ist auch bei uns mit Chansons wie "Non, je ne regrette rien", "Milord"  und "La vie en rose" bekannt. Ihr Leben war von Erfolg, aber auch von zahllosen Affären und Rückschlägen gekennzeichnet. Neben der eigenen Karriere förderte sie zahlreiche französische Talente wie Charles Aznavour und Yves Montand.


Gilbert Becaud gehörte ebenfalls zu den Schützlingen von Edith Piaf. Wegen seines energiegeladenen Vortrags wurde er von seinen Fans als "Monsieur 100.000 Volt" verehrte. Mit Titeln wie "Nathalie" und "L'important c'est la rose" stürmte er auch die deutschen Charts. Sein Markenzeichen war die weiß gepunktete Krawatte zum dunkelblauen Anzug. Ein blauer Mini-Flügel ziert seine Grabstätte.


Victor Noir muss der Besucher nicht unbedingt kennen, aber auffällig ist die ihn darstellende lebensgroße Figur und die blank geriebene Stelle in seiner Körpermitte. Zur Information: Herr Noir war ein Journalist, der aufgrund seiner kritischen Berichterstattung von einem Großneffen Napoleon Bonapartes in einem Duell erschossen wurde. Der ausführende Künstler hat an besagter Stelle eine deutliche Schwellung eingearbeitet (siehe Foto links), die als Fruchtbarkeitssymbol gilt. Sie zu berühren bringt Glück...


Achten Sie bei diesem Grab einmal auf die zahlreichen U-Bahn-Tickets im Vordergrund und die Darstellung eines TGV-Zuges auf dem Grabstein. Sie vermuten richtig: Monsieur Gerard Morard hatte etwas mit der Eisenbahn zu tun, er war Leiter der Eisenbahngesellschaft SNCF. Offenbar sind die Bahnkunden mit ihm nach wie vor zufrieden, so dass sie aus Dankbarkeit für seine Arbeit ihre Fahrscheine auf dem Grab deponieren.