Das in die Jahre gekommene Römisch-Germanische Museum am Roncalli-Platz wird in den nächsten Jahren einer Generalsanierung unterzogen. Damit die Domstadt und ihre Besucher nicht ganz auf die dort präsentierten römischen Schätze verzichten müssen wurde im Belgischen Haus, Cäcilienstrasse 46, eine kleine, gleichwohl hoch interessante Sonderausstellung mit wichtigen Stücken eingerichtet. Das RGM ist bereits zum zweiten Mal hier zu Gast, gab es doch in diesen, dem Kulturaustausch zwischen Belgien und Deutschland gewidmeten Räumlichkeiten bereits 1966 eine Veranstaltung über "Das römische Tongeren". Die Öffnungszeiten sind dem obigen Foto zu entnehmen, der Eintritt beträgt € 6,--.
Ein Teil der Exponate wird im Schaufenster präsentiert, so dass Passanten schon im Vorübergehen einen kurzen Einblick in die römische Geschichte Kölns bekommen können (linkes Bild). Im Belgischen Haus werden zwei Etagen für die Ausstellung genutzt. Das mittlere Foto zeigt einen Teil der Glasabteilung im Obergeschoss, das rechte einige Grabmale im Parterre.
Nach einem Besuch habe ich für Sie die folgende, nicht vollständige Auswahl einiger bemerkenswerter Ausstellungsstücke zusammengestellt:
DATIS NEPIS POTUS COLONIA, die Überschrift zu diesem Artikel, klingt lateinisch, ist aber ein kleines Wortspiel mit der kölschen Sprache: es soll "Dat is ne Pisspott us Colonia" bedeuten. Wie dieser ausgesehen hat sehen Sie auf dem Foto links, die Geschichte dazu folgt hier:
Die <-- hier gezeigte Amphore diente zur Zeit der Römer als Transportverpackung für Olivenöl. Noch heute verraten uns immer noch erhaltene Etiketten, dass der Produzent Caius Iulius Vegetius hieß und dass 46 kg Öl hineinpassten.
Diese Amphoren wurden normalerweise entsorgt, da die ranzigen Ölreste eine Reinigung bzw. weitere Nutzung unmöglich machten. Lediglich die Gerber und Färber hatten noch Verwendung dafür, weil sie für die Herstellung ihrer Produkte auf Prozesschemikalien wie Harnstoff und Ammoniak angewiesen waren. Und wo waren die zu finden? Natürlich im Urin, und um an diesen zu gelangen wurden die ausgedienten Amphoren in Nebengässchen aufgestellt, wo die römischen Herren der Schöpfung dann diesen wertvollen Rohstoff loswerden konnten. Um ihnen das Ganze zu erleichtern (und vielleicht auch, um ihren Spieltrieb zu befriedigen) wurde auf der Seite ein kreisrundes Loch hinein geschnitten. Diese Art der Rohstoffbeschaffung war im Römischen Reich derart populär, dass Kaiser Vespasian darauf Steuern erhoben hat. Vorwürfen, dass er damit doch etwas zu weit gehen würde, entgegnete er mit dem Spruch: "Pecunia non olet" ("Geld stinkt nicht").
Die Amphore wurde 2010 bei Ausgrabungen am Waidmarkt gefunden, sie ist im Erdgeschoss ausgestellt. Die hier gegebene Erklärung bleibt dem Publikum in der Ausstellung vorenthalten. Die Information ist dem Heft "40 Jahre Römisch-Germanisches Museum (1974-2014)" entnommen.
Bei genauer Betrachtung finden auch Nicht-Lateiner in dieser Grabinschrift in der zweiten Reihe den Namen "Ursula". Übersetzt bedeutet sie: "In diesem Grab die unschuldige Jungfrau liegt mit Namen Ursula. Sie lebte (an) Jahren acht, (an) Monaten zwei, (an) Tagen vier." Entdeckt wurde er Ende des 19. Jdts im Fundamentmauerwerk der Kirche St. Ursula. Er wird auf das 4./5. Jahrhundert datiert, also etwa auf die Zeit, als die Legende der späteren Stadtheiligen und ihrer zehn Gefährtinnen entstand. Möglicherweise ist der Name der Anführerin diese heiligen Schar auf diesen Stein zurück zu führen.
Ausgestellt ist er im Erdgeschoss.
Noch eine Gedenktafel, ursprünglich um 66 n. Chr. an einem Gebäude im römischen Köln angebracht, dieses Mal für Kaiser Nero, den einzigen Sohn der in Köln (oder besser im oppidum Ubiorum) geborenen Agrippina. Sein Abbild im Kindesalter können Sie auch am Aufgang vom Altermarkt zum "Spanischen Bau", dem modernen Rathausanbau neben dem Historischen Rathaus sehen, an der Seite seiner Mutter, mit einer Fackel (!) in der Hand.
Die Inschrift lautet übersetzt:
DER HERRSCHER NERO CAESAR AUGUSTUS
DES GÖTTLICHEN CLAUDIUS SOHN, DES GERMANICUS CAESAR
ENKEL; DES TIBERIUS CAESAR AUGUSTUS URENKEL, DES GÖTTL. AUGUSTUS URURENKEL
OBERSTER PRIESTER, (ERHIELT DIE) TRIBUZINISCHE GEWALT (ZUM) 12. MAL,
IMPERATOR (ZUM) 10. MAL, KONSUL (ZUM) 4. MAL, VATER DES VATERLANDES
PUBLIUS SULPICIUS SCRIBONIUS RUFUS, STATTHALTER.
DIE 15. LEGION (MIT DEM NAMEN) PRIMIGENIA
Nach erfolgreichen ersten Regierungsjahren verlor er immer mehr das Interesse an den Staatsgeschäften und wurde letztlich im Jahre 68 n. Chr. zum Selbstmord gezwungen. Danach fiel er der ewigen Verdammnis ("damnatio memoriae") anheim, und alle Denkmäler und Gedenktafeln wie die oben gezeigte mussten zerstört werden. Eigentlich. Die Römer waren jedoch auch schon Meister des Recyclings, zumal Steine teuer waren und von weit her herantransportiert werden mussten. So ist es nicht verwunderlich, dass unser Stein 1970 beim Bau der Domtiefgarage gefunden wurde, und zwar in der Funktion als Bodenplatte in einem Abwasserkanal.
Heute zu sehen im Erdgeschoss des Belgischen Hauses.
Diese beiden Fotos zeigen zwei Prunkstücke aus der überragenden RGM-Sammlung römischen Glases. Links ist der Achillespokal zu sehen, der 1991 als Grabbeigabe in Köln entdeckt wurde und beim Fund nur in Bruchstücken vorlag. Mittlerweile ist er in großen Teilen wieder hergestellt und besticht durch seine Detailtreue und seine Farbigkeit. Deutlich zu erkennen ist der antike Held Achilles mit blauem Umfang, in der rechten Hand einen Speer und in der linken Hand einen gelben Schild haltend. Rechts ist eine kaum bekleidete junge Frau zu erkennen, die wegen der über ihr zu sehenden Kriegsfanfare erschrocken aufblickt.
Die Herstellung eines solchen Glases war sehr aufwendig: zunächst wurde ein Rohling gefertigt, der anschließend von Hand bemalt wurde. In einem weiteren Schritt wurden die Farben schließlich eingebrannt.
Das Glas auf der rechten zeigt das besonders kostbare Diatretglas (griech. diatreton = mehrfach durchbrochenes Ding). Der in griechisches Buchstaben angebrachte Trinkspruch bedeutet: "Trinke, lebe froh immerdar". Es wurde 1960 in einem unzerstörten Grab in Köln-Braunsfeld gefunden.
Der Zustand des Kölner Glases ist in einem unglaublichen guten Zustand, was für einen derart fragilen Gegenstand eine Besonderheit ist. Die Herstellung war extrem kompliziert und verlangte dem Handwerker ein extremes Maß an Geschichklichkeit und handwerklichem Können ab. Auf einen dickwandigen Rohling wurden mehrere lagen farbigen Glases (hier gut zu sehen, rot, gelb und grün) aufgeschmolzen. Nach dem Erkalten wurden diese Glasschichten nach und nach mit Werkzeugen wie verschieden großen Schneidrädchen mechanisch entfernt und hinterschliffen, so dass die Schmuckelemente wie das netzartige Dekor am Becherboden und die Buchstaben übrig blieben.
Beide Exponate sind in der Glasabteilung im Obergeschoß zu sehen.