Der Beginn eines Jahres ist für Stadtführer eine Saure-Gurken-Zeit, da sich das Interesse an unseren Touren bis etwa Ostern in Grenzen hält. Um die "Winterpause" des Jahres 2020 zu überbrücken, hatte ich daher erste Überlegungen angestellt, einige Geschichten über weniger bekannte Highlights in Köln aufzuschreiben. Bei einem Eintagesseminar in einer Schreibwerkstatt holte ich mir erste Tipps für die Arbeit eines Autors, ansonsten hatte ich keine Ahnung, wie "Buch" geht. Erste Erkenntnis nach einigen Schreibversuchen: es ist ein gewaltiger Unterschied, sich vor eine Gruppe zu stellen und seine Geschichten zu erzählen als sie in Worte zu fassen, die unabänderlich schwarz auf weiß aufgeschrieben sind. Das Ringen nach Formulierungen erwies sich als anstrengend und zeitaufwendig, was ich völlig unterschätzt hatte, aber es machte Spaß, die ersten Kapitel zu schreiben und das eigene Werk wachsen zu sehen.
Nach und nach füllte sich auch mein Auftragsbuch wieder. Bis in den Mai, Juni hinein lagen schon einige Buchungen vor - dann kam Corona und der erste Lockdown. Die Stornierungen flatterten erst zögerlich, dann massiv ins Haus, letztlich hatte ich eine Zwangspause von drei Monaten, in denen ich meiner geliebten Tätigkeit als Stadtführer und Kulturbotschafter der Stadt Köln nicht nachgehen gehen konnte. Aber ich hatte ja jetzt Zeit für mein Schreibprojekt - und legte richtig los. Die Buch- und Internetrecherchen erweiterte ich um Besuche in Bibliotheken und zahlreiche persönliche Gespräche mit interessanten Menschen, die mir Zutritt in ihre Welten erlaubten und mit ihren Geschichten in großem Maße zum Gelingen des Buches beigetragen haben. Darüber hinaus war ich unzählige Male mit meiner Kamera in Köln, immer auf der Suche nach passenden Motiven zu meinen Kapiteln.
Als etwa zwei Drittel der geplanten Kapitel fertig waren, habe ich mich auf die Suche nach einem Verlag gemacht. Nächste Erkenntnis: ein Buch zu schreiben ist eine Sache, es zu verkaufen eine andere. Ich hatte inzwischen gelernt, dass ein Buch für den ersten Kontakt nicht fertig geschrieben sein muss; einige Probekapitel reichten aus. Neu war für mich, dass sie von einem "Exposé" begleitet sein mussten, das neben den Autorendaten und der Inhaltsangabe noch Auskunft zum Beispiel über die geplante Zielgruppe, eine Konkurrenzanalyse und die angepeilte Zielgruppe gibt. Die ersten Versuche trafen offenbar nicht die Erwartungen der Verlage, denn sie endeten mit höflich formulierten Absagen ("Ihr Projekt passt leider nicht in unser Verlagsprogramm"). Ich habe mich aber nicht entmutigen lassen, meine Exposés weiter optimiert und schließlich vom Klartext-Verlag in Essen eine Zusage und einen Autorenvertrag bekommen. Mensch, war ich stolz!. Ich stamme aus dem Ruhrgebiet und fand es deshalb interessant, dass das Buch in meiner alten Heimat verlegt wird und nicht in Köln. Ich habe allerdings nicht eine einzige Reise in die Ruhrmetropole gemacht, denn das ganze Projekt wurde auch wegen der Corona-Situation online abgewickelt. Große Mengen an Text- und Fotodateien wurden per Mail und wetransfer von meinem Küchentisch auf die Festplatten des Verlages transferiert. Diese wurden im Dezember Ziel eines Hackerangriffs, von dem auch mein Buchprojekt betroffen war. Es dauerte mehrere Monate, bis alles wiederhergestellt war und die abschließenden Feinarbeiten per telefonischem Zuruf durchgeführt werden konnten.
Nach anderthalb Jahren Vorbereitung habe ich jetzt mein Buch zum ersten Mal in den Händen gehalten - und ich bin unfassbar stolz. Ich hatte ohne Vorbereitung und Plan ein Reise angetreten, von der ich nur das Ziel kannte, aber nicht den Weg, um dort hinzukommen. Ich hatte das große Glück, unterwegs die richtigen Menschen zu treffen, die mich unterstützt und ermutigt haben, wenn einmal "Hängen im Schacht" angesagt war. Der Klartext-Verlag hat meine Texte/Fotos in wunderbarer Weise umgesetzt und es bleibt die Hoffnung, dass die ganze Mühe nicht umsonst war.
Michael Markolwitz
"Köln auf den zweiten Blick"
Klartext-Verlag/Essen
ISBN 9 783837 523553
€ 18,95